Spätdiagnose ADHS

Spätdiagnose ADHS : 9 super Strategien damit umzugehen

Stell dir vor, du bist 35 Jahre alt – und du bekommst die Spätdiagnose ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung). Das war meine Realität. Nach 35 Jahren, in denen ich mich gefragt habe, warum ich bestimmte Dinge einfach nicht auf die Reihe bekommen habe, warum ich in Momenten völliger Überforderung erstarrte und warum mich manche alltägliche Aufgaben einfach nicht „interessieren“ konnten, kam die Antwort: ADHS. Und plötzlich machte so vieles Sinn.

Hier ist, was ich in den letzten Monaten gelernt habe und was dir helfen könnte, falls du dich in einer ähnlichen Situation befindest – ob unentdeckt oder spät diagnostiziert mit ADHS.


Mein Alltag mit Spätdiagnose ADHS und 9 Wege, wie ich damit umgehe

1. Aufklärung und Wissenserwerb: Verstehen, wie ADHS funktioniert

Die größte Erleichterung für mich bei meiner Spätdiagnose ADHS war es, zu verstehen, dass mein Gehirn einfach anders funktioniert. ADHS äußert sich bei Frauen oft anders als bei Männern, weshalb viele von uns erst spät die Diagnose bekommen. Ich begann, mich intensiv über ADHS bei Erwachsenen zu informieren, um zu verstehen, warum ich so handle, wie ich handle.

Was ich tue:
Ich lese Bücher, höre Podcasts und tausche mich mit anderen Frauen aus, die ähnliche Erfahrungen machen. Dieses Wissen hilft mir, meine Verhaltensweisen zu verstehen und nicht ständig an mir selbst zu zweifeln.

2. Professionelle Unterstützung suchen: Hilfe von außen annehmen

Es ist nicht leicht mit einer Spätdiagnose ADHS. Es ist auch nicht leicht, sich einzugestehen, dass man Hilfe brauche, aber die richtige Unterstützung kann den Unterschied machen. Suche dir ggf. eine ADHS-erfahrene Therapeutin, die dir hilft, Strategien für den Alltag zu entwickeln, und bei Bedarf steht auch eine medikamentöse Behandlung im Raum.

Was ich tue:
Ich nutze kognitive Verhaltenstherapie (CBT), um an meinen Verhaltensmustern zu arbeiten. Die Therapie hilft mir, achtsamer mit meinen Gedanken umzugehen und gesunde Bewältigungsmechanismen zu entwickeln.

Spätdiagnose ADHS
Spätdiagnose ADHS

3. Selbstmanagement-Strategien entwickeln: Struktur als Schlüssel

ADHS und Struktur – das klingt wie ein Widerspruch. Aber ich habe verstanden, dass ich Strukturen brauche. Jedoch nicht zu viele. Das schwierige hier ist wirklich die Gradwanderung zwischen genug Struktur und zu viel. Es gelingt mir nicht immer, aber es wird auch hier immer besser. Notwendige Erkenntnisse waren 1. Pläne wirklich ins kleinste Detail runter schreiben und 2. Pausen aktiv einplanen in die Struktur.

  1. Küche putzen reicht nicht aus als Planung. Es müssen mehr Details her; Geschirrspüler ausräumen, Ablage abwischen, Bodenfegen, Bodenwischen usw. Nur so mache ich die To-dos schlussendlich auch wirklich und sie überfordern mich nicht.
  2. Früher habe ich ewig lange Routinen und Pläne gemacht, nur damit sie nie umgesetzt werden, weil sie mich schlichtweg überfordert haben. Heute weiß ich, dass ich lieber weniger plane und mir dafür aktiv Pausen einräume. Pausen, in denen ich nichts tue, das mir Dopamin raubt. Das ist wirklich wichtig. Toll funktioniert in den Pausen, in die Sonne zu setzen, mit einem Tee, Spazieren oder einfach in die Luft zu starren. Finde, was dir guttut und dir Energie gibt und Stress reduziert.

Was ich tue:

  • Morgens habe ich eine feste Routine, die mir Stabilität gibt: Aufstehen und Tee trinken.
  • Aufgaben plane ich in kleinen Schritten. Große Projekte wie „Papierkram“ breche ich in kleine Etappen herunter – ein Formular nach dem anderen.


4. Gesunde Lebensgewohnheiten pflegen: Körper und Geist in Balance bringen

Das klassische ADHS-Symptom – Dopaminmangel – kann durch gesunde Gewohnheiten wie Sport und Ernährung etwas ausgeglichen werden. Ich merke deutlich, dass ich mich nach Bewegung oder einem Workout besser konzentrieren kann.

Was ich tue:

  • Bewegung ist ein fester Bestandteil meines Tages. Ob Laufen, Hiit oder ein Spaziergang – Hauptsache, ich komme in Bewegung.
  • Ich esse ausgewogen und achte darauf, dass mein Blutzuckerspiegel stabil bleibt. Kein Zuckerrausch, kein Crash. Besonders wichtig hierbei sind gewisse Nährstoffe, die im Mangel ADHS Symptome drastisch verschlimmern.

—> Nahrungsergänzung bei ADHS – Was hilft wirklich

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—> ADHS und Omega 3 – deshalb brauchst du diese essenzielle Fettsäure besonders

5. Stressbewältigung und Achtsamkeit: Im Moment bleiben

Spätdiagnose ADHS und Stress. Stress verstärkt ADHS-Symptome wie Impulsivität und Überforderung. Tolle Ratschläge, wie Meditieren und Achtsamkeitsübungen, haben bei mir nie funktioniert. Mittlerweile meditiere ich, doch das ist nicht zum Stress reduzieren, sondern damit die Gedanken in meinem Kopf einfach einmal frei fließen können. Es ist etwa so, wie wenn du die Badewanne voll hast mit altem Badewasser und du möchtest frisches hineinlassen. Nun ziehst du einmal den Stöpsel und lässt das Wasser (deine Gedanken) einfach fließen. Dies machst du so lange, wie du es durchhältst. Jetzt ist wieder Platz in der Wanne, um frisches Wasser einzulassen.

Klar, am Anfang wirst du dann trotzdem in kaltem Wasser baden. Das liegt daran, weil es wirklich schwer ist, für Menschen mit ADHS ihre Gedanken ohne Wertung frei laufen zu lassen. Gerne zerdenken wir Dinge, anstatt sie einfach herauszulassen. Doch glaube dir, das wird immer besser. Wenn du mit 1-2 Minuten anfängst, wirst du zeitnah 5-10 Minuten schaffen. Mehr Zeit braucht es gar nicht, damit du deine Badewanne halb geleert hast. Gleich wie ein Bad im warmen Wasser wirst du merken, wie dies dir guttut und dich entspannt.

Was ich tue:

  • Ich praktiziere Meditation, oft nur für fünf Minuten am Tag, um zur Ruhe zu kommen.
  • Atemübungen helfen mir, in stressigen Momenten gelassen zu bleiben. Wenn ich merke, dass ich anfange, mich zu verzetteln, mache ich eine Pause und atme tief durch. Dazu merke ich es nur manchmal selbst, deshalb habe ich meinen Kindern gegeben, mich darauf hinzuweisen. Das ist schwer, vor allem für mich, doch funktioniert super.
Spätdiagnose ADHS
Spätdiagnose ADHS

6. Austausch mit anderen Betroffenen: Spätdiagnose ADHS

Eine der größten Veränderungen in meinem Leben war es, andere Frauen zu finden, die ebenfalls mit ADHS leben. Der Austausch hat mir gezeigt, dass ich nicht alleine bin und es viele andere gibt, die genau die gleichen Kämpfe ausfechten wie ich.

Was ich tue:

  • Ich habe mich Selbsthilfegruppen und Online-Foren für Spätdiagnose ADHS angeschlossen. Der Austausch mit anderen Frauen ist unglaublich wertvoll. Hier eine super Facebook-Gruppe für Spätdiagnose ADHS für Frauen.
  • Auch der Kontakt zu Freundinnen, die verstehen, was ich durchmache, hilft mir, mich weniger isoliert zu fühlen.

7. Eigene Stärken nutzen: Hyperfokus als Vorteil

Hyperfokus, der für viele von uns mit ADHS eine Herausforderung ist, kann auch ein Segen sein. Ich habe gelernt, diesen Zustand für Aufgaben zu nutzen, die mir wirklich wichtig sind – wie wissenschaftliche Projekte oder kreative Arbeiten. Wirklich! Unser Hyperfokus ist ein Geschenk. Wir können Dinge in einer so kurzen Zeit lernen, für die die Masse dreimal so lange braucht. Nutze dies für dich. Es ist sehr befriedigend, Dinge zu erlernen und zu erschaffen. Mich motiviert das sehr und an schlechten Tagen nutze ich es als extra Schub, weiterzumachen.

Was ich tue:

  • Ich nutze Timer, um mich während des Hyperfokus daran zu erinnern, Pausen einzulegen und mich zu bewegen. Ganz wichtig! Sonst brennst du aus.
  • Bei Routineaufgaben wie dem Haushalt mache ich meistens in den Pausen (Bewegung und braucht kein Gehirnschmalz) weil ich der Regel genug Dopamin durch vorhanden ist.

8. Langfristige Selbstfürsorge Spätdiagnose ADHS: Balance finden

ADHS erfordert langfristige Selbstfürsorge, besonders wenn es darum geht, Burnout zu verhindern. Ich habe lernen müssen, dass Pausen und Entspannung kein Luxus sind, sondern eine Notwendigkeit. Vielleicht geht es dir auch so. In der Vergangenheit habe ich wochenlang im Flow alle gepackt, das Leben lief super und plötzlich geht nichts mehr. Gar nichts mehr. Nicht einmal die banalste Tätigkeit geht plötzlich.

Das ist mir mehrere Male passiert in meinem Erwachsenenleben und jedes Mal habe ich mir damit richtig gute Chancen verbaut. Erst vor einem halben Jahr habe ich verstanden, woran es lag. Deshalb kümmere ich mich mehr, als je zuvor um mich. Hier geht es um qualitative Zeit! Das heißt, auch Tee in der Sonne genießen ist keine qualitative Zeit, wenn ich nebenbei am Handy scrolle. Wenn du es bisher nicht selbst gespürt hast, dann probiere mal den Unterschied über einen gewissen Zeitraum hinweg.

Was ich tue:

  • Ich plane regelmäßige Pausen und nehme mir Zeit für Hobbys, die mir Spaß machen.
  • Ich achte darauf, genug Schlaf zu bekommen, da Schlafmangel meine ADHS-Symptome verstärkt. Hier greife ich auch auf Hilfsmittel zurück und das ist es 100% wert.

9. Medikamentöse Behandlung: Stimulanzien in Erwägung ziehen

Obwohl ich bislang auf Medikamente verzichtet habe, ist es beruhigend zu wissen, dass diese Option besteht. Für viele Frauen mit ADHS kann eine medikamentöse Behandlung eine enorme Erleichterung bringen.

Was ich tue:
Ich versuche auf natürliche Weise die Symptome von meinem ADHS zu minimieren. Bisher funktioniert es sehr gut und ich merke von Monat zu Monat eine Verbesserung. Klar gibt es Rückfälle, doch ich glaube daran, dass ADHS auch eine Superkraft hat, die ich für mich nutzen kann, mit den richtigen Strategien.


Fazit: Spätdiagnose ADHS – du kannst den Kurs bestimmen

ADHS ist keine einfache Diagnose, vor allem nicht als Spätdiagnose ADHS, besonders wenn man sie erst spät erhält. Aber mit der richtigen Unterstützung und den passenden Strategien kannst du dein Leben so gestalten, dass du die positiven Seiten von ADHS nutzen und die Herausforderungen meisterst. Ob durch Planung, Selbstfürsorge oder den Austausch mit anderen Betroffenen – es gibt viele Wege, mit ADHS zu leben und zu gedeihen.

Du bist nicht alleine. Es gibt so viel, was du tun kannst, um deine Symptome zu lindern und dein volles Potenzial auszuschöpfen. Es ist eine Reise – und du machst das auf deine eigene Weise.

—> ADHS bei Frauen – Ein spannender Einblick